Kurzer Überblick über die Entwicklung von Wirtschaft und Wirtschaftswissenschaften

A) Wirtschaftsentwicklung und vorwissenschaftliche Entwicklung der Wirtschaftswissenschaften

B) Wirtschaftsentwicklung und wissenschaftliche Entwicklung der Wirtschaftswissenschaften

a) Vom Merkantilismus bis zum Zweiten Weltkrieg

b) Nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Ausbruch der Finanzkrise

c) Nach dem Ausbruch der Finanzkrise bis heute

 

C)          Wirtschaftswissenschaften in der Krise: Ende oder Neuaufbruch?

 

Wirtschaften und Wirtschaft — als Ausdruck einerseits des angestrebten Ausgleichs zwischen Ressourcenmangel und Bedürfnisstillung durch Haushalten und andererseits als Manifestation der grundsätzlichen Haltung, wie dies im Allgemeinen praktisch und theoretisch zu bewerkstelligen sei — ist im langen Verlauf der Geschichte zunächst eine Angelegenheit von untereinander versippten  familiären  HaushaltenBauern und Grundbesitzern, Handwerkern und vor allem der Händler. Mit der Erfindung eines verlässlichen, die Zeit überdauernden Kommunikationsmittels, der Schrift, pfropfen sich darauf ab den frühen Hochkulturen im Zweistromland, an Nil, Indus und Hoangho Staatsgebilde auf, die den komplex und kompliziert gewordenen Handel und Wandel organisieren und Ausdruck der damals jeweils herrschenden Elitekulturen sind. Dies zunächst auf umschriebener regionaler Ebene, recht bald auch — als Domäne der gegebenenfalls militärisch geschützten Händler — auf dem Land– und Seeweg. Als Paradebeispiele mögen das Miteinander von bäuerlichen Kulturen und Händleraktivitäten im Mittelmeerraum unter der Schutzherrschaft von Thalassokratien noch weit vor der Zeitenwende, nach der Zeitenwende die Handels– und Bankhäuser der Venezianer und Genueser, der Fugger und Welser (Augsburg), der Peruzzi, Bardi und Medici (Florenz) und der Handelsbund der Hanse (Ost– und Nordseeraum) dienen.

Diese Entwicklung ist eng verknüpft mit der von einer Tauschwirtschaft im Sinne einer gering arbeitsteiligen Naturalwirtschaft zu einer höhergradigen arbeitsteiligen Geldwirtschaft; sie ist ebenso eng verknüpft mit der steten Entwicklung des Verkehrs und Verkehrswesen, womit sich die Verkehrswissenschaften befassen, unter fortwährender Zunahme der Mobilität.

Im Mittelalter spielen wegen des Zinsverbotes die durch die Obrigkeit zu Geldverleihern berufenen jüdischen Kaufleute eine nicht unbeträchtliche, nur zeitweilig eine alleinige Rolle. Diese Gegebenheit bildet — dank Geschichtsfälschung oder Geschichtsklitterung (vgl. dazu die Mär über die Protokolle  der Weisen von Zion) bis heute und in sehr aktueller, geschickter, nicht auf den ersten Blick durchschaubarer Weise  (Video) eine von mehreren Wurzeln der Judenfeindlichkeit, des Antijudaismus und Antisemitismus. Im Zuge der auflebenden Handelsaktivitäten gewinnen Banken bzw. das Bankwesen und das Geldwesen eine immer größere Bedeutung. Dies führte zur Zeit des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit im Frühkapitalismus (Übergangskapitalismus) zur Stärkung des Privateigentums und speziell des Geldes im Vergleich zu Produktion sowie zu Grund und Boden; gleichzeitig endet dadurch die Hochblüte des jahrhundertelangen Feudalismus.

Reduziert und sehr vereinfacht dargestellt könnte man sagen, die Herrscher selbst hätten es sich über Jahrhunderte hinweg leicht gemacht: gingen die Ressourcen zur Neige, wurde das Kriegsbeil ausgepackt und jenes Land erobert, dessen Vereinnahmung versprach die Not abzustellen. Die neu eroberten Pfründe i.w.S. wurden durch Errichtung und Verteidigung hohheitlicher Macht gesichert. Stets drohender Mangel angesichts knapper Ressourcen und drohender Volksunruhen bildeten den Treibsatz von Handel und Wandel, kriegerischen Auseinandersetzungen und politischen Bündnissen.

Nicht nur militärische Mittel also wurden zur Verteidigung von Wirtschaftsräumen eingesetzt, auch die Einrichtung politischer Bünde diente diesem Zweck. Der attische Seebund, das Imperium Romanum mit seinen römischen Wirtschaftsformen, das Heilige römische Reich, um nur wenige zu nennen, waren nicht nur große politische, sondern auch weitläufige wirtschaftliche Gebilde. In Europa erscheinen einige Zeit nach den Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges, welcher die Staatskassen leerte, erste ausgefeiltere theoretische Arbeiten, die auf die Hebung des Reichtums der einzelnen Länder, Königreiche, Fürstentümer usw. abzielten.

Ein weiterer Treibsatz der letztgenannten Entwicklung bildete ein Gemisch unterschiedlicher Faktoren: die islamische Eroberung von Konstantinopel (1453), die alte Handelswege (Seidenstraße u.a.) nach Indien und China unpassierbar machte; die daraufhin ausgelöste Suche des Seewegs nach Indien und China, die zur Entdeckung von Amerika führte (1492); die Erfindung des Buchdrucks (um 1450) und die Brechung der dominierenden kulturellen Stellung der römisch-katholischen  Kirche dank Renaissance, Hussiten und Reformation: das Individuum kommt zu sich selbst, seine Stellung zu politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen wird — losgelöst von kirchlichen Vorstellungen und im Rekurs auf die durch die islamische Welt und die Mauren wiederentdeckten antiken Schriften — immer schärfer hinterfragt. Der aus der Reformation in der Schweiz hervorgegangene Calvinismus mit seiner besonderen Arbeitsethik liefert eine wichtige geistige Säule des modernen Kapitalismus; so behauptet es die Protestantismus-These von Max Weber.

 

 

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